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In 7 Schritten zum erfolgreichen Betrieblichen Eingliederungsmanagement

Unsere Arbeitswelt wird immer flexibler und schneller. Dies hat nicht nur Vorteile. Beschäftigte arbeiten teilweise bis zur Belastungsgrenze, die Fehltage steigen. Diese Tage können schnell zu Wochen oder sogar Monaten werden. Tritt dieser Fall ein, greift das Betriebliche Eingliederungsmanagement, kurz BEM. Der Paragraph 84 Abs. 2 SGB IX verpflichtet Arbeitgeber seit 2004 dazu, Beschäftigten, die innerhalb von 12 Monaten länger als sechs Wochen am Stück arbeitsunfähig oder immer wieder krankgeschrieben waren, eine betriebliche Eingliederungsmöglichkeit anzubieten. Um einen allgemeinen Überblick über das BEM zu bekommen, empfehlen wir BEM: Nach der Krankschreibung zurück in den Job – so gelingt der Wiedereinstieg. Der folgende Beitrag taucht tiefer in die Thematik ein und erörtert, wie die konkrete Gestaltung eines erfolgreichen Betrieblichen Eingliederungsmanagement aussehen kann.

 

Gibt es einen gesetzlich vorgegebenen Ablauf?

Ein verbindliches und allgemeingültiges Konzept, um das Betriebliche Eingliederungsmanagement im Unternehmen zu implementieren, gibt es nicht. Laut Gesetzgeber soll im Rahmen eines „organisierten Suchprozesses“ geprüft werden, ob und in welcher Weise der Betroffene oder die Betroffene (wieder) beschäftigt werden kann. Wie dieser Suchprozess im Detail auszusehen hat, gibt der Gesetzgeber also bewusst nicht vor. Denn jedes Unternehmen soll angemessene individuelle Lösungen für die einzelnen Beschäftigten finden. Wie jedoch bei jeder strukturellen Veränderung in Organisationen, ist eine systematische Vorgehensweise wichtig. Ein Faktor, der neben der Zustimmung des/der Betroffenen jedoch gesetzlich vorgegeben ist, sind die Beteiligten am BEM.

 

Wer ist Teil des BEM-Prozess?

Der Gesetzgeber gibt vor, dass ein/e Vertreter*in des Arbeitgebers, oft eine Person aus der Personalabteilung, und ein/e Vertreter*in der Interessenvertretung am Prozess beteiligt sein muss. Leidet die betroffene Person unter einer Schwerbehinderung muss zusätzlich eine Vertrauensperson einbezogen werden. Oft ist es sinnvoll auch interne Expert*innen wie Arbeitsmediziner*innen oder die Fachkraft für Arbeitssicherheit zu beteiligen. Kommen für eine Überwindung der Arbeitsunfähigkeit und der Vorbeugung erneuter Erkrankung Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben in Betracht, können auch externe Stellen wie die Rehabilitationsträger (Krankenkasse, Rentenversicherung, Unfallversicherung, Agentur für Arbeit) oder das Integrationsamt beratend hinzugezogen werden.

Alle am BEM beteiligten Personen sind zur absoluten Verschwiegenheit verpflichtet, da gerade psychische Probleme immer noch von Stigmata behaftet sind. Die Mitglieder des BEM-Teams sollten sich folglich durch die Bereitschaft zur vertrauensvollen Zusammenarbeit im Team und soziale Fertigkeiten auszeichnen. Aber auch Kompetenzen, wie eine strukturierte und ressourcenorientierte Fallbearbeitung, sind förderlich für ein erfolgreiches BEM.

 

Das Betriebliche Eingliederungsmanagement in 7 Schritten

Im Folgenden wird eine möglicher Ablauf eines BEM beschrieben. Dessen Umsetzung ist unabhängig von der Größe des Unternehmens.

Schritt 1: Analyse des Krankenstands im Unternehmen

Eine regelmäßige Auswertung der Krankenstände identifiziert jene Beschäftigte, die innerhalb eines Jahres 30 Arbeitstage zusammenhängend oder unterbrochen arbeitsunfähig waren und somit ein Anrecht auf ein BEM haben.

Schritt 2: Erste Kontaktaufnahme

Der/die Betroffene erhält nun eine schriftliche Einladung zum BEM. Diese Einladung sollte klar kommunizieren, dass die Teilnahme freiwillig ist und alle gesammelten Informationen dem Datenschutz unterliegen. Das Anschreiben sollte ebenfalls signalisieren, dass die Gesundheit des/der Beschäftigten dem Arbeitgeber am Herzen liegt und eine Weiterbeschäftigung erwünscht ist. Außerdem sollte die erste Kontaktaufnahme genutzt werden, um über den Nutzen des BEM für den/die Beschäftigten zu informieren. Dafür empfiehlt es sich eine Informationsbroschüre des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) beizulegen, die sich der/die Betroffene in Ruhe anschauen kann. Ansonsten besteht die Gefahr, dass das Angebot aufgrund von Halbwissen oder den schlechten Erfahrungen anderer abgelehnt wird. Wenn der/die Beschäftigte dem BEM zustimmt, erfolgt zeitnah das erste Gespräch. In einem beigelegten Einwilligungsformular kann der/die Beschäftigte bereits die gewünschten Beteiligten beim Erstgespräch bestimmen.

Schritt 3: Erstgespräch

In diesem ersten Gespräch treffen sich alle Beteiligte, dessen Anwesenheit der/die Betroffene zuvor zugestimmt hat. Wer das sein könnte, wurde oben bereits beschrieben. In dem ersten Zusammentreffen wird primär über den Ablauf und das Ziel des Betriebliche Eingliederungsmanagement informiert und mögliche Fragen geklärt. Außerdem sollten die Verantwortlichen dieses erste Treffen nutzen, um eine Vertrauensbasis zu schaffen, mit der alle Beteiligten in Zukunft gut zusammenarbeiten können. Mit der Unterzeichnung einer Einverständniserklärung stimmt der/die Beschäftigte der Teilnahme am BEM zu.

Im Erstgespräch können die Beteiligten bereits gemeinsam über mögliche Ursachen für die Fehlzeiten im Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz sprechen. Gibt es womöglich eine zu hohe Lärmbelastung, Konflikte im Team oder eine dauerhafte körperliche Belastung? Die Betroffenen müssen nur offenbaren, was sich für sie gut anfühlt. Freiwilligkeit und gegenseitiges Vertrauen sind wichtige Bestandteile eines erfolgreichen BEM.

Schritt 4: Fallbesprechung

Falls das erste Gespräch noch nicht ausreicht, um einen konkreten Maßnahmenplan für die betroffene Person zu erstellen, folgt eine ausführlichere Fallbearbeitung. Auch wenn die Beschäftigten hier nicht zwingend teilnehmen müssen, sollten sie diese Möglichkeit nutzen. In einem BEM als partizipativer Prozess soll der Arbeitgeber schließlich nicht nur über, sondern auch mit Beschäftigten reden. Ziel der Fallbesprechung ist die Erfassung aller relevanten Daten, die mit dem Gesundheitszustand der/des Beschäftigten zusammenhängen. Wenn erforderlich und von der Person erwünscht, gehören hierzu betriebsärztliche Untersuchungen oder die Beteiligung von Rehabilitationsträgern. Das Ergebnis der Fallbesprechung ist ein Konzept, das Elemente der Prävention, der Rehabilitation und Integration umfassen kann.

Schritt 5: Spezifikation der Maßnahmen des BEM

Dieser Schritt beinhaltet die Auswahl von Maßnahmen, die im konkreten Fall erfolgversprechend sind. Diese können aus verschiedenen Handlungsfeldern stammen wie z.B. der Arbeitsorganisation, das Arbeitsumfeld, die Arbeitszeit und dem Arbeitsplatz. Die Maßnahmen sollen die Anforderungen des Arbeitsplatzes an die veränderten Leistungsmöglichkeiten anzupassen. Bei der Vereinbarung konkreter Eingliederungsmaßnahmen sind sowohl innerbetriebliche als auch außerbetriebliche Angebote oder eine Kombination möglich. Sie können Reha-Aufenthalte, flexiblere Arbeitszeiten oder die Umgestaltung des Arbeitsplatzes beinhalten. Entsprechend der beschlossenen Maßnahmen setzen sich die im BEM involvierten Akteur*innen zusammen. Bei einem Reha-Aufenthalt müssen beispielwiese die verantwortlichen Leistungsträger mit einbezogen werden. Eine beliebte Maßnahme ist die stufenweise Wiedereingliederung, auch bekannt unter dem „Hamburger Modell“. Hier werden arbeitsunfähige Beschäftigte durch eine zeitlich gestaffelte Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit kontinuierlich an die Belastungen des Arbeitsplatzes herangeführt.

Schritt 6: Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen

In dieser Phase wird aktiv daran gearbeitet die Arbeitsfähigkeit aufzubauen und präventiv einen möglichen erneuten Krankenstand vorzubeugen, sodass der Arbeitsplatz langfristig erhalten bleibt. Der ideale Ausgang eines BEM ist die vollständige Wiederherstellung der Gesundheit des/der Betroffenen und die Rückkehr an den ursprünglichen Arbeitsplatz. Dies ist jedoch nicht immer der Fall, sodass auch eine langfristige Anpassung des Arbeitsplatzes an die Bedürfnisse der Person oder die Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz im Unternehmen möglich sein kann.

Schritt 7: Wirksamkeitsprüfung, Evaluation und Dokumentation

Bereits während des BEM-Prozesses sollten die Verantwortlichen den Ablauf evaluieren und die Umsetzung der Maßnahmen in einem Ergebnisprotokoll festhalten. Hierbei sind neben den Gesamtergebnissen, auch Teilergebnisse zu erwähnen. Diese Evaluation hilft hemmende oder fördernde Faktoren des BEM zu identifizieren und liefert Hinweise auf erforderliche Anpassungsbedarf für zukünftige Verfahren. Der BEM-Prozess sollte mit einem Erfahrungsaustausch abschließen, bei dem alle Beteiligten die Möglichkeit haben den Verlauf und Erfolg des BEM einzuschätzen. Die Verantwortlichen sollten diese Evaluation eines erfolgreichen Betrieblichen Eingliederungsmanagement auch im Betrieb kommunizieren, sodass auch andere betroffene Beschäftigte den eigenen Nutzen sehen und mögliche Vorurteile ablegen.

Betriebliches Eingliederungsmanagement – Vorteile für alle Beteiligten

Ein erfolgreiches BEM bringt allen Seiten etwas. Während Beschäftigte mit diesem Angebot die eigene Arbeitslosigkeit oder Frühverrentung verhindern können, verringert der Arbeitgeber Fehlzeiten und senkt Personalkosten. Das BEM ist inzwischen ein wichtiges und effektives Instrument, um den krankheitsbedingten Ausfall von Beschäftigten zu verhindern. Eine Studie der Universität zu Köln im Auftrag des BMAS zeigte, dass ein gutes BEM nachweislich die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten fördert, die Krankheitsdauer verringert, die krankheitsbedingten Ausfallzeiten reduziert und zur Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung beiträgt. Doch auch für jede/n Steuerzahler*in ist das BEM ein Gewinn. Es entlastet die Sozialkassen von möglichen Krankengeldzahlungen oder Erwerbsminderungsrenten.

Diese positiven Konsequenzen hat das BEM mit einer psychischen Gefährdungsbeurteilung (PGB) gemeinsam. Nur, dass die PGB und die daraus resultierenden Maßnahmenvorschläge bereits vorher ansetzen, sodass ein BEM im Idealfall gar nicht erst erforderlich wird. Außerdem kann eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung zeigen, in welchen Bereichen der Organisation ein BEM benötigt wird.

Autorin: Charlott Hoebel

 

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