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Neue Arbeitsmodelle, Fluch oder Segen?

Die Schlagworte Digitalisierung, demografischer Wandel, Fachkräftemangel schweben wie unheilvolle Zaubersprüche durch die Medien und verbreiten Angst und Schrecken. Aber welche Veränderungen bedeuten sie genau für Ihr Unternehmen und wussten Sie, dass neue Arbeitsmodelle eine Lösung sein können?

Die Arbeitswelt sieht sich derzeit mit einigen neuen Herausforderungen konfrontiert. Die Digitalisierung fordert schnelle Anpassungen von Unternehmen, um auf dem Markt bestehen zu können. Fachkräftemangel und der demografische Wandel erfordern ein Umdenken der Arbeitgeber, denn starre Arbeitsmodelle mit Jobs von nine to five können mit der neuen Generation und ihrer veränderten Vorstellung von Arbeit nicht Schritt halten. Bereits mehr als 60% der Unternehmen sehen ihre Geschäftsentwicklung durch Fachkräftemangel gefährdet.

Unternehmen, die gut ausgebildete junge MitarbeiterInnen gewinnen und halten wollen, müssen neue Arbeitsmodelle bieten. Der Trend geht nicht erst seit gestern hin zu mehr Flexibilität und Individualisierung. So spielt neben dem Gehalt vor allen Dingen eine gute Work-Life-Balance eine wichtige Rolle. Diese erfordert flexiblere Arbeitszeiten. Wie genau kann ein zukunftsfähiger Arbeitsplatz aussehen, der gleichermaßen für ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen funktioniert?

Was müssen Sie beachten?

Um mit neuen Arbeitsmodellen Erfolg zu haben, sind einige Faktoren zu beachten. Schauen wir uns die neuen Anforderungen einmal genau an:

Flexibilisierung bedeutet das Arbeiten zunehmend ortsunabhängig wird. Das erfordert eine optimale Vernetzung der MitarbeiterInnen und einen ständigen Zugriff auf arbeitsrelevante Daten. Die Basis bilden technische Voraussetzungen, wie kollaborative Software, Arbeiten in der Cloud sowie eine gute Ausstattung mit mobilen Endgeräten, wie Smartphone und Laptop. Herausfordernd dabei ist eine schnelle Internetverbindung, die außerhalb der Ballungsräume jedoch nicht selbstverständlich, aber unerlässlich ist, um die Arbeit verlässlich zu erledigen. Vor allem flexible und mobile MitarbeiterInnen kennen die Situation, man sitzt im Auto und telefoniert über die Freisprechanlage. Eine wichtige Entscheidung steht an und plötzlich nur noch Rauschen, Funkloch, Verbindung weg. Sogar der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier findet es peinlich, mit ausländischen Kollegen im Auto zu telefonieren.

Eine technische Aufrüstung im Unternehmen als auch landesweit ist eine Grundvoraussetzung, um im Wettbewerb langfristig zu bestehen. Sie allein führt jedoch noch nicht zum Erfolg. MitarbeiterInnen müssen den digitalen Wandel spüren. Ihr Unternehmen muss Innovation demnach auf allen Ebenen effektiv fördern. Das heißt auch unternehmerisch denkende Mitarbeiter innerhalb des Unternehmens zu fördern, um sie nicht an die innovativeren Start-ups zu verlieren.

Weiterbildungsangebote helfen dabei, Schritt zu halten

Mit den laufenden Entwicklungen Schritt zu halten bedeutet, auch Ihre MitarbeiterInnen auf dem neuesten Stand zu halten und entsprechende Weiterbildungsangebote zu machen. Diese können online, offline oder on-demand als Schulungsformate angeboten werden. Mit einem attraktiven Weiterbildungsangebot eröffnen Sie Ihren MitarbeiterInnen sich weiter zu entwickeln und somit Karrierechancen wahrzunehmen. Das macht Ihr Unternehmen interessant. Eine berufliche Weiterentwicklung steht hoch im Kurs. Selten werden Menschen wie früher den gleichen Job für Ihre gesamte berufliche Laufbahn ausüben. Interessant könnte auch sein, einen Performance-Support auf Anfrage anzubieten, um die Entwicklung möglichst gut zu unterstützen. Oder treten Sie eine gemeinsame Journey of Duty mit Ihren MitarbeiterInnen an. Dieser Begriff stammt eigentlich vom Militär und beutetet, das ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen sich 1-2 Jahre für ein gemeinsames Ziel verpflichten. Oder haben sie schon mal über eine eigene Start-up Ausgründung nachgedacht?

Freiraum fördert Kreativität

Denn auch im Sinne der Arbeitsphilosophie ist einiges im Wandel. Im Unternehmen Arbeit als unhinterfragtes Befolgen von Anweisungen zu verstehen, wird junge motivierte ArbeitnehmerInnen nicht lange an Ihr Unternehmen binden. Vielmehr wird Eigenverantwortung und Handlungsspielraum gewünscht, um sich selbst im Beruf zu entfalten. Dazu gehört der Freiraum, kreativ zu Arbeiten und verschiedene Methoden auszuprobieren. Diese Offenheit setzt ein grundsätzliches Vertrauen ins Team voraus, das auch Fehler verzeiht. Im Gegenzug fördert eine solche Haltung die Motivation und das unternehmerische Denken Ihrer MitarbeiterInnen. Junge ArbeitnehmerInnen sehen keinen Sinn mehr darin, die Arbeitszeit bloß abzusitzen, sondern wünschen sich zielorientiertes Arbeiten. Im Umkehrschluss können Sie von Ihren MitarbeiterInnen eine strukturierte Arbeitsweise, Teamfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein erwarten.

Das Engagement Ihrer MitarbeiterInnen aufrechtzuerhalten, verlangt gute Führungskompetenzen, die sich auf strategischer, fachlicher sowie sozialer Ebene auszeichnen. Eine gesunde Führung geprägt durch Wertschätzung lässt Mitarbeiter spüren, dass sie ein Teil des Unternehmens und maßgeblich an dessen Erfolg beteiligt sind. Jeder möchte gerne wissen, wie die eigene Arbeit ankommt und sich gegebenenfalls Verbessern, wenn wertschätzende und konstruktive Worte gefunden werden. Etablieren Sie daher eine Feedbackkultur, die konstruktiv zu Verbesserung der Arbeit beiträgt.

Können neue Arbeitsmodelle diesen Anforderungen gerecht werden?

Nicht mehr neu, aber aktueller denn je, das Homeoffice. Von zu Hause aus zu arbeiten bietet die Möglichkeit Familie und Beruf zu vereinen, vorausgesetzt die technischen und datenschutzrechtlichen Voraussetzungen stimmen. Nur so kann die Arbeit auch optimal erledigt werden. Ein weiteres Modell die Wahlarbeitszeit kann mehr Flexibilität ermöglichen. Denn starre Arbeitszeiten ticken nicht mehr im Rhythmus der digitalen Gesellschaft. Statt fixen Arbeitszeiten entscheiden ArbeitnehmerInnen selbst, wie viel sie wann arbeiten. Zwischen ArbeitgeberIn und ArbeitnehmerIn wird hierzu ein Rahmen definiert, der eine Mindest- und eine Maximalstundenanzahl festlegt. So wird es möglich, mal eine Woche voll zu arbeiten, um sich dann eine Woche freizunehmen. Wichtig ist, dass sich diese Arbeitseinteilung auch mit der Unternehmenskultur verträgt.

Einige haben es schon getan und schwärmen von einem Jahr Reisen oder der Zeit sich mal wieder intensiv weiterzubilden – das Sabbatical. Um sich ein Jahr bezahlte Auszeit zu ermöglichen, kann zum Beispiel der Arbeitnehmer über einen Zeitraum von 3 Jahren auf ein 1/3 des Gehaltes verzichten. Eine andere Möglichkeit ist, sich den Urlaub auf ähnliche Weise anzusparen oder Überstunden abzubauen. Wichtig ist, sich rechtzeitig um eine Vertretung zu kümmern oder zwei MitarbeiterInnen sich gegenseitig vertreten zu lassen.

Dabei ist zu bedenken, dass flexiblere Arbeitsmodelle nicht nur jungen MitarbeiterInnen entgegenkommen, sondern zum Beispiel auch jenen über 65. Flexiblere Arbeitsmodelle ermöglichen älteren ArbeitnehmerInnen trotz Rentenalter ihrer Arbeit entsprechend ihrer Motivation und Möglichkeiten weiter nachzugehen. Nicht nur viele ArbeitnehmerInnen tun sich mit der plötzlichen Umstellung schwer, auch Ihrem Unternehmen geht mit dem plötzlichen Ausstieg in die Rente enormes Fachwissen verloren. Zum Beispiel in projektbezogenen Arbeitsmodellen in intergenerationalen Teams können Erfahrungswissen und Innovation gewinnbringend vereint werden.

Neue Arbeitsmodelle haben nicht nur Vorteile

Doch so wunderbar, wie diese neuen Arbeitsmodelle klingen, mit Ihnen gehen auch einige Probleme einher. Vielen Führungskräften fällt es schwer sich an die neuen Arbeitsmodelle zu gewöhnen. Trainings und der Austausch mit Kollegen können hier unterstützen. Aber auch für die MitarbeiterInnen bergen die neuen Arbeitsmodelle Risiken. Nach der Geburt des ersten Kindes eine Teilzeitstelle anzunehmen, bedeutet für viele Mütter aber auch Väter leider immer noch das Karriere-Aus. Aufstiegsmöglichkeiten sind mit diesem Modell aktuell keine verbunden. Eine alternative Form der Teilzeit bietet das Jobsharing. Eine Vollzeitstelle wird zu je 50 % von zwei Personen besetzt und ermöglicht die Stelle voll zu erfüllen und sich weiter um die Familie zu kümmern.

Auch der Einfluss der neuen Arbeitsmodelle auf die Unternehmenskultur ist nicht zu unterschätzen. Teams, die auf Basis einer engen Zusammenarbeit und einem regen Austausch funktionieren benötigen regelmäßigen persönlichen Kontakt. Stellt ein Teil des Teams nun auf Homeoffice um, kann das eine große Herausforderung des Teams bedeuten. Um eine gute Balance zu finden und dem Wunsch nach Mobilität trotzdem nachzukommen, kann eine räumliche Flexibilität die Lösung sein. Flex-Desks, also das Teilen von Arbeitsplätzen oder Co-Working-Spaces ermöglichen eine flexible Anwesenheit und können den regelmäßigen persönlichen Austausch trotzdem gewährleisten.

Ganz gleich welche Vor- oder Nachteile neue Arbeitsmodelle mit sich bringen: auch für jede(n) Ihrer MitarbeiterInnen können sie mit mehr oder weniger Stress verbunden sein. Während manche von klaren Strukturen und Vorgaben profitieren, brauchen andere Freiraum, Flexibilität und kreative Arbeitsaufgaben, um ihr Potenzial zu entfalten. Finden Sie heraus, welche Arbeitsmodelle Ihren MitarbeiterInnen helfen werden und welche Modelle Sie belasten. Eine mögliche Methode hierfür sind Mitarbeiterbefragungen im Rahmen der “Psychischen Gefährdungsbeurteilung”. Hierbei zeigt sich schnell, wer sich mehr Homeoffice Tage wünscht oder welche MitarbeiterInnen vielleicht gerade von Coworking-Spaces gestresst sind und sich nach einer ruhigeren Arbeitsumgebung sehnen.

Autor: Henning Jakob

Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit der DEKRA.

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