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Präsentismus – trotz Krankheit zur Arbeit

Präsentismus – trotz Krankheit zur Arbeit

Katharina P. leidet unter Halsschmerzen. Dazu kommen ein dröhnender Kopf und der regelmäßige Griff zur Taschentuchpackung. Seit Tagen fühlt sie sich schlapp und krank. Eigentlich hätte sie aufgrund ihres Gesundheitszustandes besser zu Hause bleiben sollen. Doch aus Rücksicht auf ihre KollegInnen und aus Angst, Arbeit könnte liegen bleiben, schleppt sie sich dennoch zur Arbeit.

Ähnlich wie Katharina P. gingen im vergangenen Jahr rund 67 % der Befragten einer Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zur Arbeit, obwohl sie sich richtig krank gefühlt haben. Präsentismus heißt das Schlagwort, das sich hinter dem Phänomen der unterlassenen Krankmeldungen verbirgt und in Anlehnung an sein Gegenteil – dem Absentismus (also dem Fernbleiben von der Arbeit wegen Krankheit) – entstand. Eine eigene von DearEmployee durchgeführte Studie, an der fast 900 Beschäftigte teilgenommen haben, bestätigt diese Zahl. Hier gaben sogar 70 % der Befragten an, im vergangenen Jahr krank zur Arbeit erschienen zu sein und dies sogar im Mittel an 10 Tagen im Jahr.

Kritisch dabei: Neben der eigenen Gesundheit gefährden Mitarbeitende damit auch die Gesundheit ihrer KollegInnen. Für Unternehmen bedeutet dies in erster Linie ein Kostenproblem. Neben verminderter Produktivität, Konzentrations-, Leistungsfähigkeit, erhöhter Fehleranfälligkeit und Unfallgefahr, geht Präsentismus vor allem auch mit gravierenden Langzeitfolgen einher. Mehrere wissenschaftliche Studien zeigen: Präsentismus führt, über einen längeren Zeitraum betrachtet, zu einem schlechteren allgemeinen Gesundheitszustand und erhöht damit das Risiko für längere Krankenstände bis hin zum dauerhaften Ausfall von Beschäftigten.

Letztendlich sind die Kosten, die einem Unternehmen durch Präsentismus entstehen deutlich höher als die Kosten für krankheitsbedingte Fehlzeiten (2.399 bzw. 1.199 Euro pro Beschäftigtem/Jahr; BKK Dachverband).

Warum gehen Beschäftigte zur Arbeit anstatt sich auszukurieren?

Als häufigste Ursachen für unterlassene Krankmeldungen werden in verschiedensten Befragungen immer wieder die gleichen Gründe genannt. Unter den Top vier der meist angegebenen Motive für Präsentismus finden sich neben dem Pflichtgefühl (Angst, dass Arbeit liegen bleibt) und der Rücksichtnahme auf KollegInnen, auch die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes oder beruflichen Nachteilen. Ebenfalls eine große Rolle spielen die Unternehmenskultur und das Verhalten der Führungskraft. Kommt die Führungskraft selber regelmäßig krank zur Arbeit oder gilt es im Betrieb generell als üblich auch trotz Erkrankung der beruflichen Tätigkeit nachzugehen, so entsteht schnell eine Umgebung, in der Präsentismus als normal bzw. im schlimmsten Fall sogar als erwünscht gesehen wird.

Was tun, um Präsentismus vorzubeugen?

Verschiedenste Forschungsberichte zeigen, dass in Organisationen, in denen eine Kultur von Fairness und Wertschätzung gelebt wird, die Anwesenheit trotz Krankheit deutlich geringer ausfällt. Dies gilt ebenso für ein Arbeitsklima, das von einem guten kollegialen Miteinander und sozialer Unterstützung geprägt ist. Gerechte Strukturen, transparenter Informationsfluss und positive soziale Beziehungen am Arbeitsplatz können dementsprechend dabei helfen, Sorgen um den eigenen Ruf oder Status in der Firma oder jedwede negativen beruflichen Konsequenzen abzubauen. Durch den verringerten Druck sind Betroffene eher dazu geneigt, sich in Ruhe zu Hause zu erholen anstatt sich krank zur Arbeit zu schleppen.

Diese Erkenntnisse machen deutlich: Unternehmen profitieren davon, ihre Führungskräfte und Mitarbeitenden für das Thema Präsentismus zu sensibilisieren und betroffene Personen darauf aufmerksam zu machen. Akteure des betrieblichen Gesundheitsmanagements können ebenfalls einen entscheidenden Beitrag leisten: Sie können helfen, Faktoren zu identifizieren, die Präsentismus begünstigen. Außerdem ist es ihre Aufgabe sowohl ArbeitgeberInnen als auch ArbeitnehmerInnen über das Thema und dessen Folgen aufzuklären. Damit kann Arbeit so gestaltet werden, dass Präsentismus die Ausnahme und nicht die Regel ist.

Autor: Henning Jakob

Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit der DEKRA.

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