Bildung ist erstrebenswert – für Personen und Gesellschaften. Bildung fördert Toleranz, schafft Arbeitsplätze und verringert soziale Ungleichheit. In den letzten Jahren zeigten wissenschaftliche Studien wiederholt, dass ein hoher Bildungsstand auch zu einer besseren individuellen Gesundheit führt.
Die vorliegende Arbeit von Huijts und Kollegen (2009) geht einen Schritt weiter und nimmt einen bisher vernachlässigten Zusammenhang unter die Lupe. Und zwar den zwischen dem Bildungsgrad des mittelbaren und unmittelbaren gesellschaftlichen Umfelds und der individuellen Gesundheit. Dazu testen die Autoren, ob das Bildungsniveau des eigenen Partners bzw. der eigenen Partnerin (also das unmittelbare Umfeld), einen zusätzlichen Beitrag zur wahrgenommenen Gesundheit hat. Des Weiteren untersuchen sie, ob gesamtgesellschaftliche Bildungsheterogenität sich ebenfalls positiv auf die individuelle Gesundheit auswirkt und darüber hinaus den Einfluss der individuellen Bildung, bzw. der Bildung des Partners/der Partnerin, abschwächt.
Bildung und die gesundheitliche Selbsteinschätzung
Die gesundheitliche Selbsteinschätzung, welche übrigens ein sehr guter Indikator für die tatsächliche Gesundheit ist, ist über drei theoretische Erklärungen mit Bildung verbunden.
Erstens: höhere Bildung bedeutet durchschnittlich eine bessere materielle Situation, d.h. ein geringeres Arbeitslosigkeitsrisiko, ein höheres Einkommen und folglich eine bessere Gesundheitsversorgung.
Zweitens: gebildete Personen verfügen über mehr sozialpsychologische Ressourcen – sie haben durchschnittlich nicht nur einen größeren Freundes- und Bekanntenkreis, sondern sind auch nachweislich erfolgreicher darin, ihn zur eigenen sozialen Unterstützung und Hilfe zu aktiveren.
Drittens: ein gesunder Lebenswandel ist weiterverbreitet unter gebildeten Personen. Genauer gesagt rauchen besser gebildete Personen weniger, trinken weniger Alkohol und sind seltener übergewichtig. Diese drei individuellen Zusammenhänge lassen sich auf den Partner/die Partnerin ohne weiteres erweitern. Es erscheint also nicht weit hergeholt, dass die materielle Situation, die sozialpsychologischen Ressourcen und der Lebenswandel des Partners/der Partnerin die individuelle Gesundheit beeinflussen.
Bildungsheterogenität und Gesundheit
Die gesundheitsförderlichen Effekte von (materiellen und sozialen) Ressourcen beschränken sich nicht nur auf die Dyaden von Partnerschaften. Diese Einflüsse sind zu einem gewissen Maße relevant im gesamten Freundes- und Bekanntenkreis. Folglich sind Gesellschaften mit heterogenen Beziehungen, d.h. einem höheren Anteil an Partnerschaften mit unterschiedlichem Bildungsgrad, offener für einen Ressourcenaustausch. In diesen Gesellschaften verbinden sich verschiedene soziale Gruppen, sodass materielle bzw. soziale Unterstützung keine ausschließlichen Clubgüter mehr sind. Neben diesem direkten Einfluss von Bildungsheterogenität lässt sich annehmen, dass der individuelle Einfluss der eigenen Bildung und der Bildung des Partners in Gesellschaften mit hoher Heterogenität von geringerer Bedeutung ist, da ein gesamtgesellschaftliches Netzwerk für Unterstützung sorgt.
Wie wurde die Fragestellungen untersucht?
Die theoretischen Zusammenhänge wurden mittels Daten des „European Social Surveys“ getestet. Eine repräsentative Umfrage von Bürgern aus 29 europäischen Ländern. Die Analyse basierte auf Antworten von knapp 60.000 Befragten.
Was wurde gefunden?
Die Analyse der Daten zeigt, dass zusätzlich zur individuellen Bildung, die Bildung des Partners/der Partnerin die gesundheitliche Selbsteinschätzung tatsächlich positiv beeinflusst. Dieser Zusammenhang ist in solchen Ländern schwächer, in denen die Bildungsheterogenität größer ist. Keinen direkten Zusammenhang konnten die Forscher zwischen der Bildungsheterogenität und der individuellen Gesundheit nachweisen.
Diese Studie zeigt also, dass nicht nur die eigene Bildung, sondern auch die Bildung des Partners oder der Partnerin förderlich für die eigene Gesundheit ist. Es konnte zudem gezeigt werden, dass die Länderunterschiede dieses Zusammenhanges teilweise auf die unterschiedliche Bildungsheterogenität zwischen den Ländern zurückzuführen ist. Dennoch, Bildung als gesellschaftliche Komponente und ihr Einfluss auf die Gesundheit bedarf weiterer Forschung. Anzumerken ist, dass der Effekt von Bildung in den meisten Fällen keinen unmittelbaren positiven Effekt auf die Gesundheit hat. Die Mechanismen beziehen sich in allen Erklärungen auf verwandte Eigenschaften. So bedeutet mehr Bildung mehr Einkommen, mehr soziale Kontakte, usw. Dies führt wiederum zu einer besseren Gesundheit.
Und was bedeutet das?
Wenn Sie sich mal wieder mit einer Erkältung herumschlagen, dann beschweren Sie sich doch einfach bei Ihrem Partner/Ihrer Partnerin: Hättest Du doch nur was Gescheites gelernt!
Autor: Daniel Fodor
Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit der DEKRA.