Das Coronavirus hat bereits in vielen Bereichen zu digitalen Neuerungen geführt, z.B. in Schulen, Ämtern und Universitäten. Auch in Arztpraxen wird die Digitalisierung in Form der Videosprechstunde aufgrund der Pandemie nun schneller vorangetrieben. Denn um das sich rasant ausbreitende Virus einzudämmen, sollte jeder nicht notwendige persönliche Kontakt vermieden werden. In dem Wartezimmer einer Arztpraxis zu sitzen, um eine Krankschreibung für eine Erkältung zu bekommen, ist also wenig sinnvoll. Hinzu kommt die Angst bei vielen Menschen sich im Wartezimmer oder auf dem Weg dorthin anzustecken. Der Wunsch nach digitaler Unterstützung im Gesundheitswesen steigt. Das zeigt sich auch in einer aktuellen Umfrage des Digitalverbandes Bitkom: Zwei Drittel der Befragten meinen, dass Ärzt*innen in Deutschland Videosprechstunden anbieten sollten, um die Ansteckungsgefahr zu reduzieren.
Was sich in der Telemedizin geändert hat
Der Einzug der Videosprechstunde in das deutsche Gesundheitswesen erfolgte bereits 2018 in Form einer Lockerung des Fernbehandlungsverbots. Diese Änderung ermöglichte, dass Ärzt*innen 20% ihrer Patient*innen auch ohne vorheriges Erstgespräch via Telefon oder Videochat behandeln durften. Aufgrund des hohen Ansteckungsrisikos des Coronavirus wurde die Begrenzung der Anzahl der Patient*innen zum 1. April 2020 hin aufgehoben. Bis zum 31. Mai wollen die Kassenärztliche Bundesvereinigung und Krankenkassen prüfen, ob die unbegrenzte Videosprechstunde beibehalten wird.
Was dürfen Ärzt*innen in der Videosprechstunde
Zunächst dürfen Mediziner*innen aus allen Fachrichtungen (außer Labor, Nuklear, Pathologie und Radiologie) Videosprechstunden anbieten. Lediglich bei Psychotherapeut*innen müssen die Patient*innen bereits länger in Therapie sein. In dem virtuellen Treffen kommunizieren Ärzt*innen und Patient*innen über einen zertifizierten Dienstanbieter, der mit seiner Software für einen sicheren technischen und datenschutzrechtlichen Ablauf sorgt. Der durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung zertifizierte Anbieter ist nötig, damit Praxen die Telemedizin für alle Versicherten anbieten und nicht nur bei Privatversicherten abrechnen können. Die Praxissoftware ermöglicht die Anlage eines Termins und den Aufruf der Videokonferenz. Beide Seiten benötigen also lediglich das technische Equipment bestehend aus Webcam, Lautsprecher und Mikrofon. Da diese Funktionen auch im Smartphone enthalten sind, kann man selbst auf diesem Weg durch eine Ferndiagnose eine Krankschreibung oder ein Rezept erhalten.
Vor- und Nachteile der Videosprechstunde
Wegen einer Erkältung oder einer Krankschreibung sollte niemand sich der Gefahr einer Ansteckung mit dem Coronavirus aussetzen. Neben dem geringeren Ansteckungsrisiko auf beiden Seiten, hat die Videosprechstunde noch weitere Vorteile. Gerade auf dem Land, wo Personen aufgrund des Ärztemangels lange Strecken zurücklegen müssen, könnte sie zur Lösung des Versorgungsproblems beitragen. Diese Chance haben auch die Krankenkassen erkannt. Die Barmer beispielsweise startete 2019 das Modellprojekt “Telesprechstunde” in Sachsen für augenärztliche Wiederholungsuntersuchungen und auch die Technische Krankenkasse verweist auf ihrer Internetseite auf die Möglichkeit von Online-Videosprechstunden. Doch nicht nur in ländlichen Regionen haben die Patient*innen Vorteile durch eine Videosprechstunde. Auch in dichter besiedelten Gebieten sparen sie sich die Anfahrt und langes Sitzen im Wartezimmer. Gerade für ältere oder weniger mobile Menschen kann dies eine große Erleichterung sein.
Natürlich kann eine Videosprechstunde die soziale Interaktion nicht vollständig ersetzen. Viele Patient*innen schätzen bei dem Besuch ihres Hausarzt oder ihrer Hausärztin gerade den persönlichen Kontakt und das vertrauensvolle Verhältnis. Zusätzlich besteht die Gefahr, dass z.B. psychische Auffälligkeiten durch die reduzierte Wahrnehmung am Bildschirm verloren gehen. Behandlungsfehler oder Fehldiagnosen könnten aufgrund des fehlenden ganzheitlichen Blick häufiger auftreten. Doch trotz dieser Bedenken zeigt ein Blick ins Ausland, dass digitale Behandlungssitzungen eine sinnvolle Ergänzung zur medizinischen Versorgung sein können. In Schweden beispielsweise finden etwa 5% der ärztlichen Kontakte bereits online statt.
Telemedizin in der Arbeitswelt
Ob Telemedizin und Videosprechstunden auch eine sinnvolle Ergänzung in der betriebsärztlichen Versorgung sein kann, können Sie in diesem Blogbeitrag nachlesen. Doch auch unabhängig von der gesetzlichen Vorgabe zur Sicherstellung einer betriebsärztlichen Versorgung, ist es unter vielen Gesichtspunkten sinnvoll, wenn Arbeitgeber*innen in ihrem BGM digitale Ansätze nutzen. Das E-Health-Startup BetterDoc bietet so eine digitale Lösung. BetterDoc kümmert sich im Krankheitsfall um Mitarbeiter*innen, indem in einem digitalen Erstgespräch eine Anamnese erfolgt und infolgedessen ein Termin bei der passenden Arztpraxis in der Nähe vereinbart wird. Das Angebot eines solchen Service kann Mitarbeiter*innen eine nervenaufreibende und zeitintensive Suche nach dem/der passenden Spezialist*in ersparen. Diese Unterstützung wird wiederum belohnt mit geringeren Ausfallzeiten und einer zufriedeneren Belegschaft. Auch über Corona hinaus.
Autorin: Charlott Hoebel