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Was ist eine Einigungsstelle?

Eine Einigungsstelle ist eine innerbetriebliche Schlichtungsstelle. Sie tritt in Verhandlung, wenn Betriebsrat und Arbeitgeber*in sich in Streitfragen nicht einigen können. Da ein Betriebsrat anders als Gewerkschaften zu keinem Streik aufrufen darf, wurde die Einigungsstelle gesetzlich als Ausgleich geschaffen, um bei Meinungsverschiedenheiten über reglungsbedürftige Angelegenheiten eine Lösung zu finden. Die wichtigsten Regelungen zur Einigungsstelle finden sich in § 76 und § 76a Betriebsverfassungsgesetz.

Aus wem setzt sich die Einigungsstelle zusammen?

Die Einigungsstelle setzt sich aus Vertreter*innen der Arbeitgeberseite und des Betriebsrats zusammen – sogenannten Beisitzern. Involviert sind meistens der/die Betriebsratsvorsitzende sowie der Rechtsanwalt oder die Rechtsanwältin des Betriebsrats oder ein/e Berater*in der Gewerkschaft. Auf Arbeitgeberseite ist es meist Arbeitgeber*in oder ein/e Personalbeauftragte/r, sowie ein Rechtsanwalt/Rechtsanwältin oder Berater*in vom Arbeitgeberverband. Frau Ostermann-Brema kennt sich mit Einigungsstellen bestens aus, denn sie arbeitet aufseiten des Betriebsrates, ist sachverständigen Beisitz und Expertin in Fragen zur psychischen Gefährdungsbeurteilung (PGB). „In der Vergangenheit habe ich selbst viele PGBs geleitet. Heute berate ich Betriebsräte, wie eine PGB aussehen sollte. Denn für sie ist dieses Thema oft neu“. Außerdem vermittelt sie fachliches Wissen zu Fragebögen, relevanten Variablen oder erklärt was ein Item ist.

Meistens setzt sich eine Einigungsstelle aus zwei bis drei Beisitzern jeder Seite zusammen. Die Anzahl ist gesetzlich aber nicht vorgegeben. Zudem werden die Verhandlungen von einem oder einer unparteilichen Vorsitzenden geleitet. Diese/r schlägt meist der Rechtsbeistand der initiierenden Partei vor und beide Seiten müssen ihn oder sie einstimmig annehmen. Meist sind diese neutralen Vorsitzenden Arbeitsrichter*innen.

Wann wird eine Einigungsstelle tätig und von wem wird sie beantragt?

Die Einigungsstelle wird auf Antrag einer Seite also entweder des Betriebsrats oder der Arbeitgeberseite tätig. „Bevor die Einigungsstelle beantragt wird, finden aber meist normale Verhandlungen statt. Erst wenn diese scheitern, wird die Einigungsstelle einvernehmlich oder gerichtlich einberufen“ so Ostermann-Brema. In diesen beiden Fällen spricht man dann entweder von einer freiwilligen oder einer erzwingbaren Einigungsstelle. Ein freiwilliges Verfahren liegt vor, wenn beide Seiten mit der Beantragung einverstanden sind. Eine erzwungene Verhandlung kommt zustande, wenn nur eine Seite den Antrag stellt. Der andere Betriebspartner kann dann die Tätigkeit der Einigungsstelle nicht verhindern.

Liste der Angelegenheiten

„Ein Grund für die Beantragung der Einigungsstelle kann alles sein, bei dem der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht hat. So zum Beispiel bei der Ausgestaltung der psychischen Gefährdungsbeurteilung“ erklärt Frau Ostermann-Brema. Weitere Angelegenheiten sind:

Schu­lungs- und Bil­dungs­ver­an­stal­tun­gen für Be­triebs­rats­mit­glie­der (§ 37 Abs.6 und 7)

Frei­stel­lung von Be­triebs­rats­mit­glie­dern (§ 38 Abs.2)

Zeit und Ort der Sprech­stun­den des Be­triebs­rats (§ 39 Abs.1)

Her­ab­set­zung der Zahl der Mit­glie­der des Ge­samt­be­triebs­rats (§ 47 Abs.6)

Her­ab­set­zung der Zahl der Mit­glie­der des Kon­zern­be­triebs­rats (§ 55 Abs.4)

Schu­lungs- und Bil­dungs­ver­an­stal­tun­gen für Mit­glie­der der Ju­gend- und Aus­zu­bil­den­den­ver­tre­tung (§ 65 Abs.1)

Zeit und Ort der Sprech­stun­den der Ju­gend- und Aus­zu­bil­den­den­ver­tre­tung (§ 69)

Her­ab­set­zung der Zahl der Mit­glie­der der Ju­gend- und Aus­zu­bil­den­den­ver­tre­tung (§ 72 Abs.6)

Be­rech­ti­gung von Ar­beit­neh­mer­be­schwer­den (§ 85 Abs.2)

Mit­be­stim­mung in so­zia­len An­ge­le­gen­hei­ten (§ 87 Abs.2 )

Eine Mit­be­stim­mung bei Ände­rung von Ar­beits­platz, Ar­beits­ab­lauf und -um­ge­bung (§ 91 Satz 2)

Mit­be­stim­mung bei Per­so­nal­fra­gebögen, persönli­chen An­ga­ben und Be­ur­tei­lungs­grundsätzen (§ 94 Abs.1 und 2)

Mit­be­stim­mung bei Aus­wahl­richt­li­ni­en (§ 95 Abs.1 und 2)

Eine Mit­be­stim­mung bei der Einführung be­trieb­li­cher Maßnah­men der Be­ru­fungs­bil­dung (§ 97 Abs.2)

Mit­be­stim­mung bei der Durchführung be­trieb­li­cher Maßnah­men der Be­ru­fungs­bil­dung (§ 98 Abs.1, 3 und 4)

Um­fang der Aus­kunfts­pflicht ge­genüber dem Wirt­schafts­aus­schuss (§ 109)

Ver­hand­lun­gen über ei­nen In­ter­es­sen­aus­gleich bei Be­triebsände­run­gen (§ 112 Abs.2 Satz 2)

Auf­stel­lung ei­nes So­zi­al­plans bei Be­triebsände­run­gen (§ 112 Abs.4)

Seeb­etriebs­rat (§ 116)

Wie wird ein Verfahren von der Einigungsstelle in Gang gesetzt?

Voraussetzung, um eine Einigungsstelle zu beantragen, ist laut Osterman-Brema, dass „ein Betriebsrat mindestens fünf Mitglieder haben muss. Dann erhält er ein Mitbestimmungsrecht, das im Betriebsverfassungsgesetz geregelt ist“. Können sich beide Betriebsparteien in Verhandlungen nicht einigen, kann wie bereits beschrieben einvernehmlich oder erzwungen eine Einigungsstelle beantragt werden. Dazu muss eine Seite der anderen lediglich schriftlich den Wunsch mitteilen, eine Einigungsstelle einzuberufen. Im Schreiben sollte stehen:

  • die genaue Bezeichnung der streitigen Angelegenheit
  • ein Hinweis auf die gewünschte Anzahl von Beisitzern
  • eine namentliche Benennung des gewünschten Einigungsstellenvorsitzenden und einer oder mehrerer Alternativen
  • eine angemessene Frist, innerhalb derer die andere Seite reagieren sollte

Was tun bei Streitigkeiten bezüglich der Errichtung einer Einigungsstelle?

Lehnt eine Seite die Errichtung einer Einigungsstelle ab, wird dies meist damit begründet, dass entweder offensichtlich kein gesetzlicher Fall vorliegt, die Anzahl der Beisitzer zu hoch gegriffen ist oder der Einigungstellenvorsitzende nicht akzeptiert wird. In diesen Fällen sollten die Betriebsparteien zunächst miteinander verhandeln und eine gemeinsame Lösung suchen. Ist dies nicht möglich, kann die beantragende Betriebspartei die Errichtung der Einigungsstelle beim Arbeitsgericht beantragen. Dieses entscheidet in einem stark beschleunigten Verfahren und prüft, ob eine rechtliche Zuständigkeit der Einigungsstelle vorliegt oder nicht und kann einen Vorsitzenden benennen. Ist die Zuständigkeit gegeben, muss die Einigungsstelle so schnell wie möglich tätig und die Verhandlung zügig durchgeführt werden.

Wie verlaufen die Verhandlungen?

„Laufen die Verhandlungen gut sollten drei bis fünf Sitzungen eingeplant werden. Läuft es schlecht wird man mehr als fünf Sitzungen benötigen“ so Frau Ostermann-Brema. Die Beschlüsse werden nach mündlichen Verhandlungen gefasst. Wie lange diese Verhandlungen dauern, hängt laut Frau Ostermann-Brema im Wesentlichen von drei Faktoren ab:

  • Das Thema – dauerten Entscheidungen in den letzten Jahren z.B. zur psychischen Gefährdungsbeurteilung noch recht lange, werden die Entscheidungen immer schneller, da das Bundesarbeitsgericht in den letzten Jahren mehrere Urteile gefällt hat.
  • Das Betriebsklima & Umgangston – hier kommt es darauf an, wie verhärtet die Fronten sind und ob es um einen inhaltlich sachlichen Diskurs geht oder andere Motive zugrunde liegen.
  • Der unparteiliche Vorsitzende – das Verhandlungsgeschick und die Erfahrung des/der Vorsitzenden können das Verfahren beschleunigen oder verlangsamen.

Die Verhandlungen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Nur Mitglieder des Betriebsrates oder Arbeitgebervertreter können zuhören. „Bei der finalen Entscheidung gibt es zwei Optionen“, erklärt die sachverständigen Beisitzerin Frau Ostermann-Brema „entweder eine einvernehmliche Entscheidung oder ein Spruchantrag. Eine einvernehmliche Lösung ist dabei zu bevorzugen, da es zu einer Verständigung beider Seiten und einer Lösung kommt“. Kommt es jedoch zu einem Spruchantrag, weil sich beide Seiten nicht einigen können, ist der/die unparteiliche Vorsitzende „das Zünglein an der Waage“ so Frau Ostermann-Brema weiter. Denn er oder sie fällt die finale Entscheidung. Dann ersetzt die Entscheidung der sogenannte Spruch der Einigungsstelle die sonst nicht mögliche beziehungsweise gescheiterte Einigung der beiden Betriebsparteien. „Ein erzwungener Einigungsstellungsspruch ist daher alles andere als eine Wunschlösung, da das Problem inhaltlich nicht gelöst und häufig gerichtlich angefochten wird. Das sorgt häufig zu einer Verlängerung der Diskussion“.

Abschließend rät Frau Ostermann-Brema allen Beisitzern, sich vor allem bei verhärteten Fronten im Gespräch nicht von Emotionen gefangen nehmen zu lassen, sondern eine emotionale Distanz zu wahren. „Gerade bei Sticheleien und unprofessionellen Äußerungen und Verhalten der Gegenseite sollte man sich nicht aus dem Konzept bringen lassen und stattdessen freundlich bleiben und zielorientiert fortfahren.“ Im besten Fall lassen sich schlussendlich im Sinne aller Beteiligten einvernehmliche Lösungen finden.

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