Methoden zur Ermittlung psychischer Belastung am Arbeitsplatz

In diesem Beitrag geht es um die gängigsten Methoden zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung (PGB) am Arbeitsplatz. Es gibt grundsätzlich drei breitere Methodenklassen, die sowohl einzeln als auch kombiniert (multi-methodal) eingesetzt werden können. Alle Methoden haben ihre Vor- und Nachteile.

Methode 1: Standardisierte, schriftliche Mitarbeiterbefragungen mit Fragebögen

Fragebögen zur schriftlichen Mitarbeiterbefragung werden in der Regel als Screening eingesetzt: Insbesondere wenn das Ziel eine schnelle Erfassung einer möglichst großen Bandbreite von Belastungsfaktoren ist, sind Fragebögen sehr hilfreich.

Viele Vorteile dieser Methode entstehen aus der hohen Standardisierung und der einfachen Umsetzung von Befragungen mit Fragebögen:

  • hohe Erreichbarkeit von Beschäftigten, auch bei dezentralen Arbeitsplätzen
  • schnelle Durchführung pro TeilnehmerIn (z.B. im Vergleich zu Interviews)
  • ständige Verfügbarkeit des Fragebogens, dadurch zeitlich flexible Beantwortung durch die Beschäftigten
  • breite Beurteilung anhand festgelegter Kriterien, ob und wo es grobe Belastungsschwerpunkte gibt
  • ein schnelles Reporting der Ergebnisse, sofern Online-Befragungen mit automatisierter Analyse genutzt werden
  • gute Vergleichbarkeit von Ergebnissen (über verschiedene Zeitpunkte oder unterschiedliche Unternehmen/Branchen hinweg)
  • einfach skalierbar, daher für alle Unternehmensgrößen gut geeignet
  • außerdem sehr leicht und gut anonymisierbar, ein Vorteil für den Datenschutz
  • Nicht zuletzt: Alle Beschäftigten werden einbezogen, so dient die Befragung auch als Mittel zur Partizipation an der Unternehmensgestaltung

Die Nachteile entstehen in den meisten Fällen aus der Starrheit des Fragebogen-Ansatzes:

Die Checkliste als Sonderform der schriftlichen Befragung stellt eine Untergruppe der Fragebögen dar. Checklisten sind deutlich kürzer als Fragebögen und ermöglichen entweder ein sehr breites, dafür sehr abstraktes Screening oder eine in der Breite eingeschränkte Überprüfung der Arbeitsbedingungen, mit einem inhaltlichen Schwerpunkt (z.B. Führung). Darüber hinaus werden Checklisten meist durch interne oder externe ExpertInnen ausgefüllt anstatt durch die Beschäftigten selbst.

Vorteil:

  • schnelle Identifikation von Schwerpunkten zukünftiger Befragungen und/oder Workshops

Nachteile:

  • sehr grobes Vorgehen, was selten ausreicht für ein vollständiges Bild der Arbeitsbelastung
  • keine Partizipation der Beschäftigten
  • anfällig ist für Fehleinschätzungen, sofern Beurteilung durch eine „Ferndiagnose“ von Fachleuten erfolgt, da die Beschäftigten selbst ihre Arbeitssituation am besten einschätzen können

Methode 2: Beobachtung/Beobachtungsinterviews

Fachkundige Personen wie ArbeitspsychologInnen oder BetriebsärztInnen können die psychische Belastung anhand von stichprobenhaften Beobachtungen an einzelnen Arbeitsplätzen eines Tätigkeitsbereichs, häufig ergänzt durch Kurz-Interviews, ermitteln. Hierfür sollten 2-3 BeobachterInnen unabhängige Urteile abgeben, damit das Ergebnis nicht subjektiv das einer einzelnen Fachperson ist.

Vorteil:

  • recht objektive Erfassung, sofern mehrere Beobachter einen Arbeitsplatz analysieren

Nachteile:

  • sehr zeitintensiv (v.a. bei vielen unterschiedlichen Arbeitsplätzen), da für Beurteilung eines Arbeitsplatzes 3 Personen anwesend sein müssen
  • zum Teil fehlende Anonymisierung, da die Beurteilung eines Arbeitsplatzes nicht „ungesehen“ geschehen kann.
  • Problem der Stichprobe: Wenn der beurteilte Arbeitsplatz nicht repräsentativ für den Tätigkeitsbereich ist, ist das Ergebnis nicht übertragbar
  • die eigentlichen Experten, die Beschäftigten selbst, kommen nicht zu Wort – nur dann, wenn die Beobachtungen mit Interviews ergänzt werden (Achtung: erhöhter Ressourcen-Aufwand)

Aufgrund der Nachteile ist die Beobachtung aus unserer Sicht niemals als alleinige Methode zur Beurteilung von psychischer Gefährdung am Arbeitsplatz geeignet. Auch bietet sie sich aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht bei großen und/oder dezentral organisierten Unternehmen an, da eine Beurteilung vieler Tätigkeitsbereiche mit einem hohen Zeitvolumen einhergeht und dies die Anwesenheit von mehreren Fachpersonen erfordert.

Methode 3: Moderierte Analyseworkshops

Moderierte Analyseworkshops sammeln das Erfahrungswissen der Beschäftigten und Führungskräfte. ExpertInnen, meist die ModeratorInnen der Workshops, bringen ihr Fachwissen und ihren Blickwinkel von außen ein.

Vorteile:

  • unterschiedliche Perspektiven können betrachtet werden
  • Nachfragen ermöglichen Detailwissen über Ursachen
  • konkrete Verbesserungsvorschläge können erarbeitet werden

Nachteile:

  • sehr aufwändig, da oft mehrere Workshops notwendig sind
  • nicht alle Beschäftigten können persönlich einbezogen werden (Ausnahme KKU)
  • nicht vollständig anonymisierbar: TeilnehmerInnen des Workshops sind bekannt, weil sie vom Unternehmen freigestellt werden müssen
  • aufgrund fehlender Anonymität entsteht unter Umständen ein verzerrtes Bild, da nicht alle Beschäftigten sich trauen, offen zu sprechen (insb. wenn Führungskräfte anwesend sind)

Allgemeines zu den Methoden

Grundsätzlich gibt es nicht die eine, beste Methode. Legt man allerdings Maßstäbe wie Anonymität, Skalierbarkeit und Kosteneffizienz an, ist die Verwendung eines Fragebogens in den meisten Fällen sehr sinnvoll. Er eignet sich für alle Branchen und Tätigkeitsbereiche und kann im Bedarfsfall um weitere Methoden ergänzt werden, wenn die Handlungsempfehlungen noch geschärft werden sollen. Da dies mit Mehraufwand und Kosten verbunden ist, bieten sich neuere, digitale Lösungen an, die die Vorteile von Fragebögen mit den Vorteilen von Workshops verbinden. Ein Beispiel hierfür? Der DearEmployee Survey.

Autorin: Dr. Amelie Wiedemann

Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit der DEKRA.

Neugierig geworden? Wir laden Sie gerne dazu ein, den DearEmployee Survey selbst zu testen.

Demo anfragen

Wenn Sie weitergehende Informationen zu den methodischen Grundlagen suchen, empfehlen wir einen Blick auf diesen Link der GDA (S.9-10).

Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit der DEKRA.

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