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Wie fühlt sich ein Burnout Syndrom an? – ein Betroffenenbericht

Wir haben mit Simone Sommerfeld über ihr Burnout Syndrom gesprochen:

Mit Anfang 20 absolviert Simone ein Praktikum in einer Personalberatung. Daraus wird anschließend eine Vollzeitstelle und nach drei Jahren steigt sie zur Senior HR Consultant Managerin und zur Niederlassungsleiterin auf. Sie fühlt sich von Anfang an gestresst, aber Stress gehört nun mal zum Arbeitsalltag dazu, wird ihr schnell vermittelt. Von anderen Kolleg: innen wird der Arbeitsalltag ja auch hingenommen. Schon als Praktikantin wird ihr Druck gemacht. Sie entwickelte großen Ehrgeiz, will vorankommen. Jahre später fällt ihr auf, dass der Stress nicht mehr normal sein kann, doch sie sucht die Schuld bei sich, statt die Arbeitsbedingungen im Unternehmen in Frage zu stellen.

Erste Warnsignale eines Burnout Syndroms werden oft ignoriert

Wenn Simone eine E-Mail vom Chef oder Kolleg:innen außerhalb der Arbeitszeiten erhält, beginnt ihr Herz zu rasen, sie schläft schlechter, bekommt leichte Panikattacken. Sie will am liebsten im Bett bleiben und denkt, dass es einfach an fehlender Motivation liegt. Sie weint viel, sie fühlt sich energielos und geht mit Bauchschmerzen zur Arbeit. Ihr Antrieb ist wie weggeblasen.

In dieser Phase will sie sich anfangs einen Burnout nicht eingestehen und gibt sich immer wieder die Schuld für die Erschöpfung. Ihr wird das Gefühl gegeben, sie sei unproduktiv und fehl am Platz, wenn sie nicht funktioniert und abliefert. „Was ist falsch mit mir“, fragt sie sich.

Es gibt nicht den einen Auslöser 

Ihr Arbeit besteht aus großen Herausforderungen und gleichzeitig sieht sie ein riesiges Entwicklungspotential für sich selbst. Im Nachhinein reflektiert sie, dass sie enormen Druck ausgesetzt war. Mit 21 besucht sie Verhandlungen mit Geschäftsführenden, die erheblich älter sind als sie. Damit hat sie sich persönlich enorm weiterentwickelt, doch aus den Herausforderungen werden zum Teil unerfüllbare Aufgaben, mit denen sie meist alleine gelassen wird. Sie wird ständig ins kalte Wasser geworfen, ohne viel Unterstützung und Wertschätzung für ihre Arbeit zu erhalten. Ein zusätzlicher Stressfaktor, die männlich dominierte Beratungsbranche. Als Frau gibt sie doppelt so viel Gas und muss sich beweisen. Sie versucht sich zu verändern und zu verstellen, Dynamiken zu reproduzieren, die männliche Stärke verkörpern und Schwächen verbergen. Simone gibt weiter ihr Bestes und ist damit sehr erfolgreich. Doch Simones innere Anspannung steigt weiter an.

Als sie sich ihrem Chef anvertraut und um Unterstützung bittet, sucht er das Gespräch mit ihr. Die Unterstützung, die Simone sich wünscht, entpuppt sich als zusätzlicher Druck und Kontrolle. Simone registriert, dass ihre Arbeitsumgebung die Ursache ihrer Erschöpfung ist und nimmt sich eine Auszeit. Gleichzeitig merkt sie, dass sie auf Dauer gesunde Arbeitsbedingungen anstrebt und kündigt ihre Arbeitsstelle schlussendlich.

Wie Arbeitgeber mit Mitarbeitenden umgehen können, die akut von einem Burnout Syndrom betroffen sind, kannst Du hier nachlesen.

Burnout – und jetzt?

Während ihrer Auszeit verbringt Simone viel Zeit mit sich selbst. Ein Jahr lang engagiert sich Simone im Tierschutz. Sie sucht sich während der Pause Tätigkeiten, die ihrem Rhythmus und ihren Werten entsprechen. Zum ersten Mal seit langem erlebt Sie eine Sinnhaftigkeit in ihrer Tätigkeit, die ihr an ihrer alten Arbeitsstelle gefehlt hat. In die Unternehmensbranche will sie nicht mehr zurück und beschließt selbst ein Start Up zu gründen. Simone hat ihren Platz gefunden und hilft Unternehmen dabei, die Herausforderungen ihrer Mitarbeiter:innen zu verstehen und langfristige Beziehungen zu ihnen aufzubauen.

Nach dem Burnout Syndrom kennt sie ihre Grenzen, ihren Körper und ihre Seele besser. Sie erlebt auch mehr Unterstützung durch beispielsweise ihre Mitgründerin und kann so jederzeit über mögliche Belastungen sprechen. Vor allem hat Simone verstanden, dass es nicht möglich ist, immer 100 % zu geben. Sie meint, „unser Leben ist ein Zyklus, da dürfen auch Schwankungen drin sein.“

Liebe Simone, was rätst Du anderen Betroffenen?

Anderen Burnout Betroffenen empfiehlt Simone sich mit einer Vertrauensperson das Gespräch zu suchen oder sich an eine psychosoziale Soforthilfe zu wenden, und sich im Klaren über die Faktoren und Ursachen der Belastungen zu werden. Eine Möglichkeit ist es, wie im Fall von Simone eine Auszeit zu nehmen. Falls einem eine Pause nicht reicht und das Burnout so weit fortgeschritten ist, dass man sich selbst alleine nicht mehr ausreichend helfen kann, kann ein Coaching oder eine Psychotherapie notwendig sein.

Arbeitgeber sollten Kontakt zwischen Mitarbeitenden herstellen, und ein offenes Ohr für ihre Beschäftigten haben, empfiehlt Simone. Offene Kommunikation und ein vertrauensvolles Umfeld gibt Burnout Betroffenen die nötige Sicherheit, um über ihre Belastungsgrenzen zu sprechen. Simone hält es für entscheidend, Raum für Gefühle und die psychische Gesundheit zu geben. Arbeitgeber sollten nicht nur die Leistung und funktionierende Mitarbeitende sehen wollen, sondern den Menschen hinter der Arbeit genauso wie seine Leistung fokussieren und wertschätzen.

Nicht jede Berufsgruppe ist gleichermaßen gefährdet an einem Burnout Syndrom zu erkranken. Wir haben hier zusammengefasst, welche Berufe besonders gefährdet sind und welche Faktoren entscheidend sind.

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