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30. August 2015
Putin – lt. Forbes der mächtigste Mann 2014 / www.kremlin.ru

Die Mischung macht’s: Wie Testosteron und Cortisol den beruflichen Status bestimmen

Ob im Tierreich oder Unternehmen, überall tummeln sie sich. Die, die in der sozialen Hackordnung oben stehen: Die Alphatiere. Zwar verblasst im Zeitalter flacher werdender Hierarchien in vielen Unternehmen das klassische Bild des dominanten Alphatiers. Nichtsdestotrotz fallen verschiedenen Akteuren eines Unternehmens unterschiedliche Rollen zu, mit mehr oder weniger Verantwortung und Einfluss. Und in einem Interview mit Beraterin Marina Frieß auf ZEIT ONLINE wies diese darauf hin, dass jedes Unternehmen weiterhin seine Alphatiere braucht.

Doch warum streben manche mehr und andere weniger nach Macht und Einfluss? Wie unterscheiden sich diese Menschen? Genau mit dieser Frage beschäftigte sich der hier vorgestellte Artikel, indem nach Zusammenhängen zwischen der Höhe bestimmter Hormonspiegel und der Höhe des beruflichen Einflusses gesucht wurde. Dazu haben die Autor*innen zwei Hormone untersucht, die in der Forschung bereits mehrfach mit Status in Verbindung gebracht wurden: Testosteron und Cortisol.

Vorherige Befunde zeigen zum Beispiel, dass hochrangige Führungskräfte im Vergleich zu nachrangigen Kolleg*innen geringere Cortisolspiegel aufweisen. Cortisol ist ein Stresshormon, welches aus der Nebennierenrinde ausgeschüttet wird, nachdem unser Körper einem äußeren oder inneren Stressor ausgesetzt wurde. Damit werden wir mit ausreichend Energie versorgt, um den Stressor zu bewältigen. Cortisol hat darüber hinaus einen inhibitorischen – also hemmenden – Einfluss auf Testosteron.

Testosteron selbst wurde in den vergangenen Forschungsjahren mit erhöhter Aggression, Dominanz, Risikotoleranz und Machtstreben sowie verringerter Angst in Verbindung gebracht. Sehen wir unseren Status in Gefahr, führt Testosteron zu erhöhtem Konkurrenzverhalten. Allerdings zeigen Humanstudien bisher gemischte Befunde, wenn es um den Zusammenhang von Testosteron und Status geht – was daran liegen mag, dass oftmals der Einfluss des Cortisols außer Acht gelassen wurde.

Gemeinsam legen diese Befunde nahe, dass für eine hohe Führungsposition ein bestimmtes Hormonprofil besonders förderlich zu sein scheint: Ein geringer Cortisol- und ein hoher Testosteronspiegel. Dadurch hätte das Testosteron sozusagen freie Fahrt für das Statusstreben – ganz ohne den Spielverderber Cortisol. Und die Kehrseite? Personen mit sowohl geringem Cortisol- als auch Testosteronspiegel ginge nicht nur das Streben nach Status und Macht ab. Vielmehr wird Dominanz aktiv vermieden, außerdem wird häufiger unterwerfendes und beschwichtigendes Verhalten gezeigt.

Wer und was wurde untersucht?

Zur Prüfung der Annahmen wurde in dieser Studie eine ganz typische Gruppe von Menschen mit hohem Status unter die Lupe genommen: Das höhere Management. Genauer gesagt, wurden 78 männliche Führungskräfte des Ranges GS14 oder GS15 aus Regierung, Militär und anderen Branchen in den USA untersucht.

Zunächst wurden die Probanden per Fragebogen nach der Höhe ihrer Personalverantwortung gefragt. Also ganz konkret, für wie viele Mitarbeiter sie direkt und indirekt verantwortlich sind. Damit wurde der berufliche Status operationalisiert (=messbar gemacht). Zusätzlich wurden Einkommen und Bildungsniveau als so genannte Kontrollvariablen erhoben. Damit sollte geprüft werden, ob wirklich nur die hohe Personalverantwortung mit den Hormonspiegeln zusammenhängt, ganz unabhängig von anderen Korrelaten, die eine hohe berufliche Position mit sich bringt. Außerdem wurden den Führungskräften während der Beantwortung der Fragebögen jeweils zwei Speichelproben entnommen. Darüber lassen sich sowohl der Testosteron- als auch der Cortisolspiegel bestimmen.

Wie wurde es untersucht und was kam raus?

Nun wurden diese Daten in einem Regressionsmodel getestet: Dabei wurden Cortisol und Testosteron als Prädiktoren, also als vorhersagende Variablen, in das Modell aufgenommen. Außerdem wurde auch die Interaktion zwischen Cortisol und Testosteron als Prädiktor aufgenommen. Letztlich wollten die Autoren ja wissen, ob es eine Wechselwirkung von Cortisol und Testosteron auf den beruflichen Status gibt. Die Höhe der Personalverantwortung wurde als Kriterium, also als die vorherzusagende Variable in das Modell aufgenommen. Einfach ausgedrückt: Die Interaktion von Cortisolspiegel, Testosteronspiegel und Personalverantwortung wurde überprüft.

Während für die Cortisol- und die Testosteronwerte alleine keine Zusammenhänge mit der Höhe der Personalverantwortung gefunden werden konnten, so wies die Interaktion der beiden Hormonspiegel ganz wie erwartet einen signifikanten Zusammenhang mit der zu verantwortenden Mitarbeiteranzahl auf. Die Folgeanalysen bestätigten auch die angenommene Richtung des Zusammenhangs: Bei Führungskräften mit hohen Cortisolwerten hing der Testosteronspiegel nicht mit der Personalverantwortung zusammen. Hatten die Führungskräfte jedoch einen geringen Cortisolspiegel, so ergab sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen Testosteron und dem Umfang der Mitarbeiterverantwortung.

Was bedeutet das?

Je höher der Testosteronspiegel, desto höher die Personalverantwortung – jedoch nur für Führungskräfte mit geringem Cortisolspiegel. Da Cortisol gerade dann erhöht ist, wenn chronischer psychischer Stress als unkontrollierbar wahrgenommen wird, ist dieser Zusammenhang sehr einleuchtend. Personen, die Stressoren als kontrollierbar wahrnehmen und zudem durch einen hohen Testosteronspiegel angetrieben werden, sollten dementsprechend stärker nach hohen Positionen streben. Personen mit wenig adäquater Stressbewältigung würden zu viel Verantwortung wiederum eher vermeiden. Selbstverständlich macht die Hormonkombination aus hohem Testosteron und geringem Cortisol noch lange keine gute Führungskraft aus! Es sagt lediglich darüber etwas aus, ob jemand überhaupt in eine höhere Position strebt.

Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zusätzlich Vorsicht geboten: Der gefundene Zusammenhang sagt nichts über die Kausalität aus. Es ist also nicht bewiesen, dass ein hoher Testosteron- und geringer Cortisolspiegel zu mehr Status führt. Genauso denkbar wäre, dass der erreichte Status sich auf den jeweiligen Hormonspiegel auswirkt. Die intuitiv erwartete Kausalität müsste also nochmals in einer längsschnittlichen Studie mit mehreren Messzeitpunkten – idealerweise ab Berufseintritt und über mehrere Berufsjahre – untersucht werden.

Interessant wäre auch die Frage, ob der gefundene Zusammenhang ebenso für weibliche Führungskräfte gilt. Aus statistischen Gründen wurden hier nur Männer untersucht: Der Testosteronspiegel ist bei Frauen geringer und weniger schwankend, daher werden Effekte weniger leicht gefunden als bei Männern. Trotzdem gibt es Evidenz dafür, dass soziale Aggression auch bei Frauen durch Testosteron vorhergesagt werden kann. Der Befund wäre also nochmals an einer weiblichen Stichprobe zu replizieren.

Was meinen Sie: Liegt es gar nicht an uns, sondern an unseren Hormonen, ob wir Verantwortung übernehmen wollen?

Für das Einkommen und das Bildungsniveau konnte übrigens kein Zusammenhang mit den Hormonspiegeln gefunden werden. Es geht unseren Hormonen also weder um Geld noch um Bildung, sondern lediglich um eines: Macht!

Autor: Daniel Fodor

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Quelle: Sherman et al. (2015) – Original Article: The Interaction of Testosterone and Cortisol is Associated With Attained Status in Male Executives

Bildquelle: Putin – lt. Forbes der mächtigste Mann 2014 / www.kremlin.ru

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