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Best Practice für den Umgang mit Best Practices

Best Practice erscheinen als Musterbeispiele wie man als Unternehmen erfolgreich agieren kann. Sie scheinen Heilsbringer zu sein für lahmende Prozesse. Methoden einfach zu übernehmen, birgt jedoch Risiken und führt nicht immer zum Erfolg.

Was ist ein „Best Practice“?

Der angloamerikanische Begriff beschreibt Methoden, die in nicht näher definierten Situationen erfolgreich waren und am besten in unterschiedlichen Kontexten funktioniert haben. Es sind bewährte Vorgehensweisen, um sich wiederholende Arbeitsabläufe möglichst effizient und effektiv durchzuführen. Idealerweise optimieren sich Unternehmen, indem sie aus ihren Erfahrungen lernen und in der weiteren Folge ihre Abläufe verbessern. Dieser Prozess kann für Unternehmen aber sehr aufwändig sein. Denn Lernprozesse sind teuer und es ergibt daher Sinn, sich an Benchmarks und anderen Unternehmen der Branche zu orientieren.

Ein „Best Practice“-Beispiel aus dem Recruiting: Die IT-Beratungsfirma Mindsquare zeigte eindrucksvoll, wie man in Zeiten von Fachkräftemangel qualifizierte Absolvent*innen für das eigene Unternehmen gewinnt. Und das, bevor sie sich bei der Konkurrenz bewerben. 2018 lud das Unternehmen 50 IT-Studierende ein und veranstaltete mit ihnen am ersten Tag ein Escape Game. Hauptfokus war hier, sich auszutauschen, ins Gespräch zu kommen und sich zu vernetzen. Am zweiten Tag folgte ein Hackathon mit dem Ziel, eine App für SAP zu entwickeln. Parallel fanden Karrieregespräche mit Recruitern statt. Das Event war für die Teilnehmenden kostenlos. Anstatt sich also auf Bewerbungen und klassische Recruiting-Maßnahmen zu verlassen, wurde aktiv und mit Spaß um zukünftige Mitarbeiter*innen geworben.

Querdenken lohnt sich

Nicht immer sind es Unternehmen aus der eigenen Branche, die die nötigen Impulse für Veränderungen liefern. Querdenken lohnt sich, indem man Best Practice aus einer Branche für eine andere nutzt. Nach diesem Prinzip ließ sich Boeing von Toyota eine Art Fließbandproduktion entwerfen. Der Flugzeugbauer verdoppelte mit diesem Schritt die Produktivität der Boeing 737.

Best Practice funktioniert nicht immer!

Möchte man dem Beispiel anderer folgen, ist allerdings zu bedenken, dass nicht alles kopierbar ist. Zum einen können sich die Umstände oder das Umfeld stark unterscheiden. Zum anderen sind Best Practices immer in der Vergangenheit entstanden. Bewährte Methoden können daher nur solide und systematische Optimierung ermöglichen. Innovation oder neue kreative Ansätze für das eigene Unternehmen sind von Best Practices eher selten zu erwarten. Auch die Rahmenbedingungen, gesellschaftliche Verhältnisse oder Moralvorstellungen können sich in der Zeit verändert haben. Dann können Maßnahmen, die in der Vergangenheit funktioniert haben, heute ein großer Fehler sein. Denkt man zum Beispiel daran, die menschenverachtende Ausbeutung der Industrialisierung für heute zu kopieren, weil diese damals ein treibender Wirtschaftsfaktor war, wäre die Auswirkung heute allerdings verheerend.

Wie entsteht eine Best Practice?

Um das eigene Unternehmen ganz individuell und angepasst auf die eigenen Bedürfnisse voranzubringen heißt das, Erfolgsmuster zu erkennen und diese zu duplizieren. Das setzt allerdings eine kritische Selbsteinschätzung voraus, die schlecht funktionierende Abläufe entsprechend erkennt und verändert. Außerdem braucht es klare strategische Ziele und Unternehmenswerte Geduld, Zeit und kontinuierliches Streben nach Verbesserung. In der Praxis gibt es verschiedene Ansätze, um diesen Prozess anzustoßen:

  • Der Deming Cycle beschreibt vier Phasen, die sich ständig im Prozess wiederholen: Plan – Do – Check – Act (Planen – Umsetzen – Überprüfen – Handeln) und von vorn
  • Inspect & Adapt verfolgt einen ähnlichen Ansatz. In kurzen Abständen werden bestimmte Punkte des Vorgehens analysiert und wenn nötig angepasst
  • Der kontinuierliche Verbesserungsprozess kurz KVP, strebt stetige Verbesserungen in kleinen Schritten an
  • Einen Blick in andere Branchen und auf Wettbewerber wirft man beim Benchmarking. Gewonnene Impulse für Verbesserungen können dann in jeden der anderen genannten Ansätze aufgenommen werden

Was heißt das für die psychische Gefährdungsbeurteilung?

Mit Blick auf die psychische Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz und Krankheitsprävention im Allgemeinen gestaltet sich die Situation etwas schwieriger. Mit den Gesetzesvorgaben zur psychosozialen Gefährdungsbeurteilung sehen sich Geschäftsführer, Betriebsräte und Betriebsärzte mit einer anspruchsvollen und umfassenden Aufgabe konfrontiert. Allerdings gibt es kaum Handlungshilfen und Musterprozesse zur Erfassung, Beurteilung und Prävention von psychischen Belastungen am Arbeitsplatz. Damit eine Analyse erfolgreich sein kann, hat sich gezeigt, dass wissenschaftliche Erkenntnisse zur Krankheitsprävention mit Expertenwissen aus der Branche ebenso kombiniert werden müssen, wie mit den Herausforderungen des soziokulturellen Kontexts.

Die Analyse am Arbeitsplatz setzt daher arbeitspsychologisches Fachwissen voraus. Wie sich in der Vergangenheit gezeigt hat, wird das Thema der „psychischen Belastung“ zudem oft als konfliktbelastet gesehen. Mitarbeiter*innen und Geschäftsführer*innen müssen gleichermaßen sensibilisiert werden, um sich auf den Analyseprozess einzulassen. Hinzu kommt, dass erfolgreiche Maßnahmen in Großunternehmen schwer oder überhaupt nicht auf mittlere und kleine Betriebe übertragen werden können. Denen fehlt es oft an geeigneten internen Strukturen sowie an zeitlichen und finanziellen Ressourcen für eine eigenständige Planung, Umsetzung sowie Auswertung der Befragungen und schlussendlich die Ableitung von Maßnahmen für den eigenen Betrieb.

Glückliche Mitarbeiter*innen zahlen sich aus

All diese Umstände lassen viele Betriebe davor zurückschrecken, eine psychische Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Dabei gehören zu den möglichen, positiven Veränderungen in Folge der Erhebung auch gesündere und motiviertere Mitarbeiter*innen. Diese bilden die wesentliche Grundlage für den Erfolg eines Unternehmens und tragen nicht nur zu einem positiven Image des Unternehmens bei. Ob Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung tatsächlich wirken, lässt sich allerdings nicht allein an den Krankheitstagen der Mitarbeiter*innen festmachen. Sogenannte „weiche Faktoren“ wie Zufriedenheit, Motivation der Mitarbeiter*innen, das allgemeine Wohlbefinden oder psychische Beschwerden lassen sich nur schwer in finanzielle Kerngrößen übertragen. In der europäischen Studie „Return on Investment“ konnte jedoch gezeigt werden, dass jeder in die betriebliche Präventionsarbeit investierte Euro sich in einem ökonomischen Erfolgspotenzial von 2,20 Euro auszahlte. (vgl. https://www.preva-online.de/files/downloads/ErgoMed_2014-05_Erfahrungen%20und%20Umsetzungsbeispiele%20in%20der%20Erstellung%20der%20Gebu_farbig.pdf)

Stolpersteine – mit Erfahrung umgehen

Um den komplexen Rahmenbedingungen gerecht zu werden und zeitliche Ressourcen nicht überzustrapazieren, kann es daher hilfreich sein, Expert*innen mit der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen zu beauftragen. Sie haben bereits Erfahrungen gesammelt und können mitunter auf bewährte Methoden zur Analyse möglicher psychischer Belastungen zurückgreifen und diese auf die Größe des Betriebes anpassen. Auch Stolpersteine wie die Einhaltung der Anonymität der Befragten können so umgangen werden und das Vertrauen in den Prozess und die Maßnahmen stärken.

Eine weitere Falle, in die man leicht tappen kann, ist das Einschlafen aller guten Vorsätze. Die Befragung und Analyse sind beendet, potenzielle Gefährdungen sind identifiziert und Maßnahmen definiert. Alle Mitarbeiter*innen sind durch einen Workshop gut informiert und hoch motiviert. Kurz nach Ende des Projektes ist die Motivation etwas zu ändern immer am höchsten, danach nimmt sie in der Regel stetig ab. Wird die Umsetzung der Maßnahmen nicht immer wieder vorangebracht und in bestimmten Abständen auf ihren Erfolg geprüft, schlafen Veränderungsprozesse ein. Eine erneute Durchführung der Gefährdungsbeurteilung in 2-Jahres-Abständen hat sich daher bewährt.

Fazit

Welche Maßnahmen ergriffen werden müssen und wo die Probleme liegen, lässt sich kaum von einem auf ein anderes Unternehmen übertragen. Daher kann man sich an Best Practices anderer Unternehmen zwar orientieren, aber muss die Umstände und Rahmenbedingungen unbedingt beachten. Werden erfolgreiche Maßnahmen entsprechend auf das Unternehmen und dessen Bedürfnisse angepasst, kann das Übernehmen von Best Practices Zeit und Kosten sparen

 

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