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Herausforderung private Pflege

Herausforderung private Pflege: So können Arbeitgeber unterstützen

Der Tag, der alles veränderte, begann wie jeder andere. Karen Karstens war nach ihrer morgendlichen Joggingrunde und einem schnellen Frühstück mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren. Die 39-jährige arbeitet als Schulungsleiterin in einem mittelgroßen Unternehmen und freut sich auf einen schönen Tag. Am späteren Nachmittag hat sie sich noch mit einer Freundin auf einen Kaffee verabredet und abends wollen sie und ihr Mann ins Kino. Sie verteilt gerade Arbeitsblätter, als eine Kollegin den Raum betritt und ihr mitteilt, dass das Krankenhaus sie dringend sprechen möchte. Ihre 70-jährige Mutter wurde mit dem Unfallwagen eingeliefert. Erste Diagnose: schwerer Schlaganfall, Folgen unabsehbar.

Die Tage nach diesem Anruf vermischen sich in Karens Erinnerung zu einem Gewirr aus Schock, Trauer und offenen Fragen. Nach 6 Tagen auf der Stroke-Unit soll ihre Mutter bereits entlassen werden, halbseitig gelähmt und der Sprache nicht mächtig. Das Krankenhaus teilte ihr mit, dass die Mutter nicht rehafähig sei und sie sie bitte in den nächsten 2 Tagen abholen möge. Sie bekam eine Liste mit Einrichtungen und Pflegediensten zum Abtelefonieren.

Seit diesem Tag bestimmen Sorge und Fürsorge um die Mutter ihren Alltag. Es ist ein Kraftakt, neben ihrer Familie und ihrem Beruf die Pflege ihrer Mutter zu organisieren und sich durch den undurchsichtigen Pflegedschungel zu kämpfen. Wer noch nie mit dieser Thematik zu tun hatte, ist schnell überfordert: Pflegeversicherung, Pflegezeit, Pflegegeld, Sachleistung oder Kombileistung, Kurzzeitpflege und Entlastungleistung* – seit Einführung der Pflegeversicherung vor 23 Jahren löst eine Reform die nächste ab.

Karen ist kein Einzelfall. Von den derzeit rund 3,3 Millionen pflegebedürftigen Menschen in Deutschland werden gut 2/3 zu Hause versorgt, meistens von den Angehörigen. Wie aus einer repräsentativen Befragung im Rahmen des DGB-Index „Gute Arbeit“ hervorgeht, sind mittlerweile neun Prozent der Berufstätigen zusätzlich mit privaten Pflegeaufgaben betraut. Unter den älteren Beschäftigten ab 60 Jahren kümmert sich sogar bereits jeder Fünfte um pflegebedürftige Angehörige. Pro Woche werden dafür im Schnitt 13,3 Stunden aufgewendet. Bei jedem fünften Beschäftigten sind es sogar 20 Wochenstunden und mehr.

Die Pflege der Eltern oder anderer Familienangehöriger stellt Berufstätige vor große Herausforderungen. Laut Gewerkschaftsstudie geben 71 Prozent der mit privaten Pflegeaufgaben betrauten Beschäftigten an, dass sie zeitliche Probleme haben, um beide Aufgaben unter einen Hut zu bringen. Vollbeschäftigte Frauen sind besonders betroffen: mehr als drei Viertel von ihnen stufen die Doppelbelastung als problematisch ein. Die Mehrzahl aller pflegenden Angehörigen geben an, dass sie sich abgearbeitet und verbraucht fühlen.

Ganz groß gefeiert wurde vor wenigen Jahren die Möglichkeit der Reduzierung der Arbeitszeit bis zu 24 Monate, um neben der Arbeit die Pflegeaufgaben zu bewältigen. Allerdings muss man dann auch immer eine deutliche Minderung des Einkommens hinnehmen. Und die Erfahrung zeigt, dass nur wenige hundert Berufstätige im Jahr von dieser Möglichkeit Gebrauch machen können.

Karen hat erst mal ihren Jahresurlaub geopfert, um die Pflege zu Hause zu organisieren, eine Reha zu beantragen und die Kosten in den Griff zu bekommen. Der beantragte Pflegegrad wurde abgelehnt und sie musste mühsam einen Widerspruch durchboxen.

Mittlerweile wird die Mutter zu Hause mit Hilfe von Pflegediensten und privat organisierten Betreuungslösungen versorgt. Das funktioniert nur, weil Karen und ihre Familie sich täglich engagieren. Dafür musste sie selber ihre Arbeitszeit reduzieren, was ihren Chef nicht sehr erfreut hat.

Sie hätte sich gewünscht, dass sie von ihrem Arbeitgeber in einer so herausfordernden Situation Unterstützung bekommen hätte. 61% der Befragten im DGB-Index wünschen sich entsprechende Pflege-Angebote durch ihren Arbeitgeber. Hierzu gehören flexible Arbeitszeitmodelle, mobiles Arbeiten, eine offene und empathische Unternehmenskultur. Eine professionelle Pflegeberatung wäre für Menschen wie Karen ein Segen gewesen. Gute Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern diese Möglichkeit über einen kostenlos zu nutzenden externen Beratungsservice an, der auch bei der Suche nach passgenauen Lösungen für zu Hause oder in stationären Einrichtungen hilft und damit sehr viel Zeit und Nerven spart.

Unternehmen profitieren gleich mehrfach von derartigen Unterstützungsmaßnahmen:

Sie sparen Geld, denn die Kosten, die einem Unternehmen durch fehlende Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Beruf & Pflege entstehen, betragen 14.000 EUR pro Pflegefall (Uni Münster 2011).

Und Mitarbeiter in familienfreundlichen Unternehmen engagieren sich nachweislich besonders stark für ihr Unternehmen, empfehlen es weiter und halten ihm länger die Treue. In Zeiten akuten Fachkräftemangels hat dieser WIN-WIN Effekt eine besondere Bedeutung.

*Wenn Sie sich als ArbeitgeberIn oder ArbeitnehmerIn zu einem der Themen informieren möchten, kontaktieren Sie uns gerne.

Autorin: Violetta Reimet

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