Einer der wichtigsten Motivationsfaktoren oder Treiber ist die Gerechtigkeit im Betrieb. Denn Gerechtigkeit und Fairness spielen eine wichtige Rolle bei der Regelung des menschlichen Zusammenlebens und somit auch in Unternehmen und dem Arbeitsalltag. Bekommt ein Kollege oder eine Kollegin für die gleiche Arbeit mehr Gehalt, darf häufiger Fortbildungen machen oder die Abteilungsleiterstelle geht wieder an einen jüngeren Kollegen oder Kollegin, stellt sich schnell ein Gefühl der Benachteiligung ein. Aber auch bei der Verteilung von Lasten, bei der Rechtfertigung bestehender Ungleichheiten sowie bei der Wahl und Implementierung von Prozessen zur Entscheidungsfindung oder Konfliktlösung geht es immer wieder um eine gerechte Verfahrensweise.
Wo hakt es mit der Gerechtigkeit im Betrieb?
In vielen Bereichen gibt es allerdings Nachholbedarf, um Gerechtigkeit herzustellen. Über das Gehalt und Gehaltserhöhung zu verhandeln, ist nach wie vor eine gängige Praxis in der Arbeitswelt. Dabei kommt es oft nicht auf Leistung oder Können an, sondern auf das Verhandlungsgeschick. In Folge kommt es zu Gehaltsunterschieden bei gleicher Arbeit und somit zu ungerechter Verteilung. Aber auch geschlechtsspezifische Unterschiede spielen nach wie vor eine große Rolle.
Die Weltbank bemängelt in ihrer Studie „Woman Business and the Law 2020“ in Deutschland vor allem die Ungleichheit beim Einkommen von Männern und Frauen und die Situation der Kinderbetreuung. So landete Deutschland auch nur auf Platz 31. Auch der Zugang zu Arbeit ist in Deutschland nicht für alle gleich. Bewerben sich Menschen mit Migrationshintergrund auf Stellen, werden sie trotz gleicher oder sogar besserer Qualifikation seltener zu Vorstellungsgesprächen eingeladen. Arbeitsbedingungen, die Behandlung und Bezahlung wird in Folge als ungerecht empfunden und widerspricht dem Prinzip der Gleichbehandlung.
Das Gefühl am Arbeitsplatz benachteiligt zu sein demotiviert, lässt Selbstzweifel aufkommen, die Leistungsfähigkeit sinken und kann sich langfristig auf die Gesundheit auswirken. Im Umkehrschluss haben Studien gezeigt, dass Gerechtigkeit Menschen im Allgemeinen leistungsfähiger macht. Allerdings ist die Wahrnehmung von Gerechtigkeit subjektiv und hängt stark vom eigenen Empfinden ab. Trotzdem können Unternehmen mit einigen Maßnahmen Gerechtigkeit und Gleichbehandlung im eigenen Betrieb fördern und als Grundprinzip festigen. Das verbessert das Vertrauen ins Unternehmen und kann langfristig zu einer guten Stimmung beitragen.
Wie definiert sich Gerechtigkeit?
„Gerechtigkeit ist ein Idealzustand ausgeglichener Interessen ohne Benachteiligung von Einzelnen“ und eines der grundlegenden Ideale moderner Gesellschaften. Gerechtigkeit kann auf vier Ebenen wahrgenommen werden. Im Rahmen der prozeduralen oder Verfahrensgerechtigkeit werden im Bestfall bestimmte Regeln, die transparent und nachvollziehbar sind, eingehalten. Bei der Distributiven oder Verteilungsgerechtigkeit, wird beurteilt, ob materielle Güter (z.B. Gehalt, Geld etc.) und symbolische Güter (z.B. Lob oder Anerkennung) so verteilt werden, dass jeder entsprechend seiner Leistung vergütet wird.
Die Behandlung der Beschäftigten durch ihre Vorgesetzten, aber auch der Belegschaft untereinander spielt sich auf der Ebene der Interaktionalen oder Zwischenmenschlichen Gerechtigkeit ab. Ein respektvoller Umgang ist hier wesentlich. Aber auch die Art und Weise wie Informationen weitergegeben werden, können zum Empfinden von Gerechtigkeit beitragen. Die Informationsgerechtigkeit setzt eine wahrheitsgetreue und ungeschönte Weitergabe von Ereignissen voraus.
Im Klartext bedeuten diese vier Ebenen für Unternehmen, die gerechte Verteilung und Behandlung der Beschäftigten in allen Bereichen zu verfolgen. Halten sich Unternehmen an grundlegende Prinzipien, entsteht ein gerechteres Arbeitsumfeld.
Prinzipien der Gerechtigkeit
Die wichtigsten Prinzipien der Gerechtigkeit sind:
- Gleichheit: jedem steht das Gleiche zu
- Leistung: leistungsentsprechende Entlohnung
- Bedürfnis: jeder wird mit seinen Bedürfnissen wahrgenommen
- Bestrafung: hierbei ist Verhältnismäßigkeit das wichtigste Prinzip
Die Prinzipien der Gleichheit sind generell und speziell in der Arbeitswelt nicht immer einfach umzusetzen. Verschiedene Branchen oder Tarifverträge schreiben unterschiedliche Löhne vor. Es gibt viele herausfordernde Fragen, wie: „Können Verdienste nur durch Erfolg und Produktivität erworben werden, oder müssen auch vergebliche Bemühungen honoriert werden? Wiegen Talent und Begabung gleich schwer wie Anstrengung und Verzichtsbereitschaft?“ (Zit. Manfred J. Schmitt – Abriss der Gerechtigkeitspsychologie). Aber auch konkrete Missstände, wie die Gleichbezahlung bei gleicher Arbeit oder Bewerbungschancen von Menschen mit Migrationshintergrund, entscheiden über die wahrgenommene Gerechtigkeit des Arbeitsumfelds.
Sich Fragen nach Gerechtigkeit immer wieder bewusst zu machen, konsequent Verbesserungen anzustreben und diese im Laufe der Zeit auch immer wieder anzupassen, legt den Grundstein für ein gerechteres Arbeitsumfeld. So entsteht eine hilfsbereitere Arbeitsatmosphäre, die den Stresspegel senkt und die psychische Belastung reduziert. Die Folge sind motivierte Beschäftigte, die sich mit dem Unternehmen identifizieren.
Wie können Unternehmen Gerechtigkeit im Betrieb herstellen?
Zunächst einmal kann eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung klären, ob sich die Beschäftigte ungerecht behandelt fühlen. Ist dies der Fall, sollte der Arbeitgeber folgende vier Themen in Angriff nehmen.
Transparenz
Um Gleichberechtigung im Unternehmen herstellen zu können, müssen einige Maßnahmen getroffen und Verfahrensweisen eingeführt werden. Gleichstellungsbeauftragte können eine Gleichbehandlung von Männern und Frauen gewährleisten. Zudem würde die Einführung anonymisierter Bewerbungsverfahren, wie es in Frankreich seit einigen Jahren praktiziert wird, sicherstellen, dass Kandidaten nach ihren Qualifikationen und Kompetenzen ausgewählt werden und allen Bewerber*innen eine gerechte Chance auf den Job einräumen. Eine weitere entscheidende Rolle spielt die Transparenz in Unternehmen.
Konsistenz
Können Beschäftigte Entscheidungen im Unternehmen nachvollziehen, werden sie eher akzeptiert und nicht zwangsläufig als ungerecht empfunden. Gerade bei Gehältern, Beförderungen und Einstellungen, sollten klare und allgemeingültige Rahmenbedingungen und Leitlinien definiert sein und befolgt werden. Wichtig ist daher, dass Entscheidungen und Verfahren im Unternehmen Konsistenz haben. Das heißt, mit größtmöglicher Objektivität und unabhängig von Ort, Zeit und Personen umgesetzt werden. Dies garantiert Chancengleichheit für Betroffene. Dazu gehört auch klar zu kommunizieren wie und wann Beschäftigte Fortbildungen in Anspruch nehmen können.
Genauigkeit
Beschäftigte bei wichtigen firmeninternen Entscheidungen zu befragen oder ein gewisses Mitsprachrecht einzuräumen, schafft zusätzliche Akzeptanz, auch wenn die Entscheidungen nicht immer ganz gerecht ausfallen können. Aber als Betroffene sollten Beschäftigte die Möglichkeit haben sich zu äußern und auf die Entscheidungsfindung einzuwirken. Bei weitreichenden Entscheidungen muss in jedem Fall mit Genauigkeit gearbeitet werden. Es müssen möglichst alle Informationsquellen zur Entscheidungsfindung herangezogen und ausgeschöpft werden. Hastig getroffene Entscheidungen und die Bevorzugung einzelner Personen im Entscheidungsprozess werden als unfair empfunden.
Ethische Grundsätze
Egal um welchen Vorgang es sich im Unternehmen handelt Entscheidungsträger sollten unvoreingenommen sein, das heißt sie müssen den Bewerber*innen, Beschäftigten etc. gegenüber unparteiisch und neutral eingestellt sein. Sie dürfen kein persönliches Interesse am Ausgang haben oder persönliche Vorteile daraus ziehen. In logischer Konsequenz müssen alle Verfahren ethischen Grundsätzen entsprechen und mit den ethischen Vorstellungen der Betroffenen übereinstimmen.
Gerechte, geschlechtsunabhängige Bezahlung, angebrachte Anerkennung für die Arbeit sowie transparente Entscheidungsprozesse steigern das Vertrauen ins Unternehmen. Wer sich vom Arbeitgeber gerecht behandelt fühlt, sieht sich auch enger mit dem Betrieb verbunden und bleibt langfristig motiviert und leistungsfähig.
Top 10 Maßnahmen für mehr Gerechtigkeit im Betrieb
- Gerechte Entlohnung
- Transparenz bei Gehältern, Beförderungen, Einstellungen, Fortbildungen
- Wertschätzung der Angestellten und deren Arbeit
- Anonymisierte Bewerbungsverfahren
- Gleichstellungsbeauftragte
- Mitspracherecht/Anhörung der Angestellten bei Firmeninternen Entscheidungen
- Respektvoller Umgang untereinander
- Informationen wahrheitsgetreu und ungeschönt weitergeben
- Unparteilichkeit von Entscheidungsträgern
- Ethische Grundsätze festschreiben und befolgen
Sie fragen sich, ob sich Ihre Beschäftigten auch gerecht behandelt fühlen? Wir stellen Ihnen DearEmployee gerne in einer Online-Demo vor.